
Zur gleichen Zeit ging am anderen Ende der Welt, in einem unscheinbaren, aber wohl doch sehr wichtigem Gebäude, eine Nachricht ein. Haben Punkt lokalisiert, und erreichen ihn heute noch, las ein hochrangiger Beamter auf seinem Empfangsgerät. Zufrieden lehnte er sich zurück, und dachte an die Pluspunkte, die ihm die erfolgreiche Erfüllung dieses Auftrages einbringen würde. Die Nachricht gesendet hatte ein Team, dass sich gerade, aus entgegengesetzter Richtung zu Jonsons Silberfelsen aufmachte. Durch ihre Drohnenaufklärung hatten sie den, neuerdings begehrten Felsen, ausfindig gemacht. Sie mussten aber die Gebirgskette, oberhalb der bekannten Terrasse mit den Bergwiesen überwinden, um dorthin zu kommen. Obendrüber war zu aufwendig, also gingen sie auf der anderen Seite der Gebirgskette, bis kurz vor Jonsons Nachbarort herunter, um dann auf die Verlängerung der Terrasse zu stoßen, die sich aus Jonsons einsamem Seitental, in das Haupttal, bis zu dem Nachbarort erstreckte. Hier führte ein Wanderweg über die Bergwiesen, der an einigen Stellen, an denen die Wiesenterrasse von Bergrücken unterbrochen wurde, sehr schmal an dem steilen Abhang entlangführte. Hier wurde es schon schwierig, falls mal Jemand entgegen kommen würde. Dann kamen wieder Almwiesen, die tatsächlich bewirtschaftet wurden, mit einer Alm, die auch tatsächlich bewohnt war. Nicht so, wie die Alm von Maria, obwohl Jonson ja der Meinung war bei ihr Kräutertee getrunken zu haben. Die aber seit hundert Jahren verlassen war. Das Team kam auch an dem Steinturm mit der Wendeltreppe vorbei, und natürlich auch an Marias Alm, die sie aber unbewohnt vorfanden, und weitergingen. An dem Wegweiser, wo Jonson auf den 2700er wollte, wandte sich das Team sofort nach links. Sie wußten ja wohin sie wollten. Sie erreichten das Terrassenende mit der steilen Abbruchkante, an ungefähr der Stelle, an der auch Jonson, ein paar Tage vorher gestanden hatte. Mit ihrem Team, dass aus zwei kräftigen Trägern, einem drahtigen mittelaltem Mann, und zwei jungen Frauen bestand, bemühten sie sich auch auf ähnliche Weise, wie Jonson zuvor, den steilen Abhang herunter, gefolgt von den Latschenkiefern, und der steilen Rinne. Ihre Technik wirkte teilweise ein bisschen professioneller, manchmal aber auch garnicht. Auf den Latschenkiefern wirkten sie auch wie Amateure. In der steilen Rinne zeigten die beiden Frauen aber ihr erstaunliches Können. Sie boulderten auf den Steinen, die ins Rollen kamen herunter. Dabei hielten sie geschickt ihr Gleichgewicht, und schafften es, ihre Geschwindigkeit der, der Steine, anzupassen. Es sah fast aus, als würden sie die Steine als Rollschuhe benutzen, aber die Füße waren wohl die meiste Zeit dabei in der Luft. Jonson wäre auf jeden Fall vor Neid erblasst, hätte er es sehen können. Die Anderen versuchten es eher konventionell, die Rinne herunter zu kommen. Dann sahen sie, genau so, wie Jonson vor ein paar Tagen, den Silberfelsen, und gingen weiter runter. An dem Felsen war eine Bewegung zu erkennen. Dann peitschte ein Schuß auf, und einer der Träger stürzte getroffen zu Boden. Sofort gingen Alle in Deckung. Von dem Felsen aus wurde wieder geschossen, aber dieses mal Niemand getroffen. Das Team erwiderte das Feuer. Sie trafen aber auch Niemanden der, hinter dem Felsen kauernden Angreifer.
Die Angreifer waren natürlich Jonsons Entführer, die gar nicht darüber erfreut waren, dass jetzt gerade ihre Konkurenz auftauchte. Jonson lag mit ihnen hinter dem Felsen, und duckte sich tief in das Gras, als die Kugeln herumflogen. Eigentlich waren die Angreifer ja, in diesem Augenblick die Verteidiger des Felsens, und das Team vom anderen Ende der Welt, eher die Angreifer. Es wurde eifrig herumgeballert. Die beiden Frauen konnten, hinter der Deckung eines anderen Felsens, weiter nach rechts gelangen. Sie hatten jetzt auch von der anderen Seite Einsicht auf den Silberfelsen, und Einen der Verteidiger im Visier. Eine der Frauen drückte ab.
Jonson hatte zwar sein Gesicht tief in das Gras, hinter dem Silberfelsen gedrückt, bekam aber mit, dass der Entführer links neben ihm getroffen wurde. Die anderen Beiden lieferten sich weiterhin einen heftigen Schusswechsel mit den Angreifern, rechts von dem Felsen. Auf der linken Seite war jetzt Niemand mehr neben Jonson. Aber von dort aus wurde ja auch geschossen. Jonson versuchte einen vorsichtigen Blick, am Felsen vorbei, aus der Deckung heraus, und sah zwei Frauen, die sich in einem größeren Bogen näherten, aber gerade beschäftigt waren, und ihn nicht sahen. Er blickte zu den anderen beiden Entführen herüber, und sah, dass sie auch durch die Schießerei beschäftigt waren. Die Gunst der Sekunde erkennend, versuchte Jonson, sich etwas auf dem Abhang herunter ruschten zu lassen. Das fiel auch Keinem auf. Die beiden Frauen waren kurz davor in seine Richtung zu schauen, als er hinter einem anderen Felsen verschwinden konnte. Die Frauen hatten jetzt die beiden Entführer in der Schußlinie, und beendeten die Schießerei, indem sie die restlichen Entführer erschossen. Der zweite Träger des Teams hatte die Schießerei auch nicht überlebt. Der mittelalte Mann kam aus der Deckung, und begutachtete den Silberfelsen. Sie waren jetzt nur noch zu dritt. Und gerade die Träger fehlten ihnen jetzt. „Ich glaube, da ist Jemand verschwunden“, sagte eine der jungen Frauen. „Der könnte uns doch beim Tragen behilflich sein.“ „Laß uns den suchen,“ sagte die andere Frau, und ging den Abhang herunter. Der Mann und die andere Frau folgten ihr.
Jonson war, hinter dem Felsen, weiter abgestiegen, befand sich jetzt aber leider oberhalb einer steilen Klippe. Die einzige Stelle weit und breit, wo man nicht einfach den Berg herunter gehen konnte. Um an der Klippe herum zu kommen, musste er die Deckung der Felsen verlassen, und wurde natürlich sofort von den anderen Drei gesehen. Die beiden Frauen waren ruckzuck bei ihm, und hielten ihn mit ihren Pistolen in Schach. Der Mann kam hinzu und fragte, warum Jonson denn gehen wollte, und wenn schon Jonsons Leute seine Träger umgebracht hätten, dann müsste Jonson jetzt eben für die Träger einspringen. Während der Mann Jonson das sagte, hielten die beiden Frauen ihre Pistolen an Jonsons Schläfen. Jonson fühlte sich, wie vom Regen in der Traufe, und versuchte zu erklären, dass er Niemanden umgebracht habe, sondern selber entführt worden war.
Sofort nahmen die Frauen ihre Pistolen herunter, und sahen Jonson mit mütterlichem, aber ironischem Blick an. „Och, ist der Kleine entführt worden. Das tut uns aber wirklich Leid.“Sie kicherten albern herum. „Nun, wenn du jetzt schon mal da bist, wirst du uns ja wohl ein bisschen helfen, oder? Du siehst ja, wir haben Verluste erlitten.“ Eine der Frauen deutete das erneute Anheben der Pistole an, und Jonson beeilte sich zu vergewissern, dass er ein sehr hilfsbereiter Mensch war.
Das nun folgende Prozedere kannte Jonson schon. Er durfte wieder ganz alleine die Steine einsammeln, und in einen Korb, der toten Träger füllen. Dabei wurde er von den Dreien argwöhnisch beobachtet. Der Mittelalte stand mit verschränkten Armen den beiden Frauen gegenüber, und achtete genau auf das, was Jonson tat. „Jetzt wird es schwierig die Autos zu holen,“ sagte er zu den beiden Frauen. „Die sind ja auch mit Autos da, und die stehen ein Stück weiter da unten,“ antwortete Eine von Ihnen. „Die Schlüssel werden sie jawohl in der Tasche haben, und was Sicherheitseinrichtungen angeht, sind die ja noch im 20. Jahrhundert. Da werden wir schon mit fertig,“ ergänzte die Andere. „Du weißt doch, wir kennen jeden Kniff, wie die ihre Ausrüstung schützen,“ versuchte sie den Mann davon zu überzeugen, die Autos der Anderen zu nehmen. Der Mittelalte überlegte, und musste einsehen, das es so wohl am Einfachsten wäre. Also musste Jonson schon wieder einen riesigen überdimensionierten Korb voller Silbersteine den Berg, bis zur Forststraße herunter schleppen, begleitet von teils aufmunternden, manchmal aber auch spöttischen Kommentaren seiner Begleiter.
Rai harrte den ganzen Tag in Jonsons Zimmer aus, begann sich aber langsam zu wundern, als Jonson gegen Nachmittag nicht zurückkehrte. Er sagte sich, dass Jonson bestimmt spätestens zum Abendessen wieder im Gasthof erscheinen würde, also vor Küchenschluß, was ja im Allgemeinen ziemlich früh war. Oft noch vor 20 Uhr. Aber eigentlich hatte er damit gerechnet, dass Jonson eher zurück wäre. Da klingelte Rai’s Handy. Der Chef war dran. Ja richtig, der Mann im Regenmantel. Er sagte, dass er, mit einem Auto in einer Seitenstraße neben Jonsons Gasthof stehen würde, und Rai herunterkommen sollte. Rai war überrascht, schaffte es aber ungesehen aus dem Gasthof zu kommen. Als er beim Chef im Auto saß, fragte er, was denn los sei? „Wir müssen nochmal zum Felsen. Sie wollen noch irgendetwas verändern, und brauchen noch eine Ladung,“ sagte der Mann im Regenmantel, den er auch wirklich wieder trug. Also fuhren sie die Forststraße, die zur kleinen Berghütte führte wieder hoch.
Als Jonson das Stück mit den ganz steilen fünf Metern über der Forststraße erreichte, musste er sich sich wieder umdrehen, und auf allen Vieren, den Rest herunterklettern. Während der Mittelalte es ihm gleich tat, sprangen die beiden Frauen einfach, mit zwei Zwischenhüpfern den Abhang herunter, und lachten dabei. Spöttisch zeigten sie auf die beiden Männer, die sich so abmühten. Bis zur Berghütte, wo die Autos geparkt waren dauerte es nicht mehr lange, und eine der Frauen begutachtete den schwarzen SUV. Die Andere sah sich den Pickup genauer an. „Den könne wir nehmen“, sagte sie, und zeigte auf den Pickup. „Ja gut, der hier ist mit einer Sprengladung gegen Fremdbenutzung gesichert“, sagte die Frau vor dem SUV. „Am Besten, ich sprenge das Ding in die Luft“. Jonson musste den riesigen Korb mit den Silbersteinen auf die Ladefläche des Pickups hiefen. Als der Mittelalte sich an das Steuer setzte, und auch eine der Frauen sich in den Pickup setzte, begann Jonson sich erst wirklich Sorgen zu machen. Er sah die, vor ihm stehende Frau an, und hatte die Hoffnung, dass sie jetzt einfach ebenfalls in den Wagen stiege, und wegfahren würde. Sein Blick wirkte wohl wie ein ängstliches Fragezeichen. „Na los! Hopp rein jetzt“, gab sie Jonson zu verstehen, in den Pickup zu steigen. „Könnt ihr mich nicht freilassen? Ich sage auch nichts. Ehrlich“, versuchte es Jonson. „Nun steige schon ein! Oder soll ich dich in den da setzen?“ Sie deutete auf den SUV. „Der fliegt aber gleich in die Luft.“ Jonson fügte sich wieder einmal in sein Schicksal, und stieg in den Pickup. Die Frau stieg auch ein, und setzte sich neben Jonson, der jetzt zwischen die Frauen gequetscht, auf dem großen Beifahrersitz saß. Die Frau, links neben ihm grinste ihn an. Albern kichernd hielt sie sich die Hand vor den Mund, als die Frau rechts neben ihm, per Fernzündung, nachdem sie einige Meter gefahren waren, den SUV in die Luft sprengte. Sie fuhren die Forststraße herunter. Jonson fühlte sich ziemlich unwohl, so eingequetscht zwischen den Beiden. Wußte er doch nicht so recht, wie er sie einzuschätzen hatte. „Was ist? Fühlst du dich etwa unwohl zwischen uns Beiden“, fragte die Frau rechts neben ihm. Jonson versuchte erschrocken abzuwiegeln: „Nein nein, es ist schon sehr schön mit euch, aber ich muss ja wieder in meinen Gasthof.“ „Wir nehmen dich noch ein Stückchen mit,“ bestimmte sie. Sie fuhren die Forststraße in angepasstem Tempo herunter. Nur wenige Augenblicke bevor Rai und der Chef in die Forststraße einbogen, erreichten sie selber deren Ende, und fuhren auf die Hauptstraße, die durch das Tal abwärts führte.
Rai und der Chef hatten die Drei ja gerade verpaßt. Sie fuhren weiter hoch bis zur kleinen Berghütte, und fanden den explodierten SUV. Auch die Hütte war ein bisschen angekokelt. Sie schauten sich die Überreste des SUV’s an, und brauchten nicht wirklich lange rätseln, um zu realisieren, dass die Konkurrenz scheinbar da gewesen war. Sie zuckten mit den Achseln, und machten sich auf den Weg, hoch zum Felsen.
Jonson befand sich mit den Dreien im Pickup immer noch auf der Hauptstraße, die durch das Tal führte. Um zu ihren eigenen Autos zu kommen mussten sie ganz herunter in das Haupttal fahren, und dann links, zur Marktgemeinde, und noch ein Stück weiter, um dann wieder irgendwann links abzubiegen bis zu einem Wanderparkplatz. Alles in Allem ziemlich weit. Aber sie hatten gerade erst den nächsten Ort nach Jonsons Gasthof erreicht, und waren hindurchgefahren, als ein tiefes Grollen zu hören war. Hinter dem Ort verengte sich das Tal. Steile Felsen bildeten eine mächtige Stufe, die senkrecht herabfiel. Darunter verlief das Tal zwar wieder gemäßigter, hatte aber in seinen steilen Wiesenhängen, einen immer steiler werdenden Einschnitt. Die Straße führte am linken Rand an der Felsenstufe vorbei, und verlief dann weiter, über die steilen Bergwiesen, bis sie sich irgendwann in das Haupttal herunter schlängelte. Doch soweit kamen sie nicht. Murenabgang! Dort wo die Straße neben der Felsstufe entlangführte, wurde der Pickup von einer mächtigen Schlammlawine erfasst, und von der Straße gerissen. Das sollte an der Stelle eigentlich nicht vorkommen. Aber in den Bergen kann so etwas trotzdem passieren. Selten aber möglich. Der Pickup wurde erst gegen die Felsen geschleudert, rutschte dann aber langsam den Abhang neben dem Felsen herunter, und kam ein Stück unterhalb, aber zum Glück nicht von Schlamm begraben zu liegen. Jonson wurde ausgenoggt.
Ich habe Durst. Und was fast noch schlimmer ist. Ich muss pinkeln. Jetzt wo der Pförtner einfach durch mich hindurch gegangen ist, und mich anscheinend Niemand im Atrium wahrnimmt, wird mir Alles egal. Ich stehe auf und gehe zu den Aufzügen. Eine Aufzugkabine steht gerade offen. Ich gehe hinein. Als ich auf einen der Knöpfe drücke passiert überhaupt Nichts. Ich drücke einen anderen Knopf, aber es passiert wieder Nichts. Dann betritt ein Mann in einem weißen Kittel den Aufzug, und drückt auf einen Knopf. Die Aufzugtüren schließen sich, und die Aufzugkabine setzt sich in Bewegung. Als sich die Aufzugtüren wieder öffnen, verlasse ich zusammen mit dem Mann im Kittel, der mich nicht beachtet, den Aufzug. Vor uns liegt ein quer verlaufender Gang, und ein Gang, der geradeaus weitergeht. Der Mann im Kittel geht geradeaus. Ich gehe hinterher, und betrachte die Türen links und rechts. Ich versuche etwas auf den kleinen Täfelchen neben den Türen zu erkennen. Eigentlich suche ich ja nur eine Toilette. Schließlich muss es dort auch einen Wasserkran geben, aus dem ich trinken kann. Ich gehe den Gang weiter runter, bis ich ein Zeichen, was mich an ein WC-Symbol erinnert, entdecke. Ich versuche die dazugehörige Tür zu öffnen, kann aber die Klinke nicht herunterdrücken. Meine Hand geht einfach durch die Türklinke hindurch, als wäre sie gar nicht da. Dann versuche ich gegen die Tür zu drücken. Aber ich fühle keinen Widerstand. Meine Hand geht einfach durch die Tür hindurch. Ich versuche einen Schritt nach vorne zu machen, und gelange ohne Widerstand in den dahinter liegenden Raum. Ich stehe jetzt in einem Raum mit allerhand fremdartig aussehenden Apparaturen, die aber auch irgendwie einen sanitären Eindruck machen. Hinter mir ist die, noch immer geschlossene Tür. Ich sehe mich in dem Raum um, kann aber den Sinn dieser scheinbar sanitären Anlagen nicht verstehen. Alles sieht fremdartig aus, und ist nur auf den ersten Blick mit bekannten Anlagen zu vergleichen. Aber es scheint sich wohl nicht um gewöhnliche Toiletten zu handeln. Ich sehe mir alle Gerätschaften genau an, finde aber nicht den Sinn dahinter. Dann entdecke ich in einer Ecke doch etwas, dass einem WC ähnelt. Es gibt keinen Toilettendeckel, und ich entleere endlich meine Blase, in der Hoffnung, es auch an der richtigen Stelle zu tun. Dann sehe ich mich nach einem Wasserkran um, und entdecke auch ein etwas versteckt liegendes Waschbecken. Aber wie soll ich den Hahn betätigen? Es ist ein Wasserhahn mit Lichtsensoren, wie er auch oft in öffentlichen Sanitäreinrichtungen vorkommt. Ohne Hoffnung auf eine Reaktion halte ich meine Hände vor die Sensoren, und bin überrascht, als wirklich ein Schwall Wasser auf meine Hände fließt, aber schnell wieder verebbt. Sofort halte ich meinen Mund unter den Hahn, und wieder gibt es eine Portion Wasser, die ich voller Gier trinke. Das wiederhole ich ein paar mal, bis mein Durst gelöscht ist. Trinken klappt also. Hm, seltsam.
In einem anderen Teil des Gebäudes ertönt ein Alarmsignal. Auf einem Bildschirm blinkt eine rot untermalte Meldung. Fremdzugriff! Stockwerk Fünf. Raum 5103, ist dort zu lesen. Eine Frau in einem weißen Kittel liest die Nachricht. Sie nimmt ein kleines Gerät aus einem Regal, und macht sich sofort auf den Weg in Stockwerk Fünf zu Raum 5103. Als sie sich auf dem Flur dem Raum nähert, schlägt das Gerät in ihrer Hand an. Sie weiß jetzt, dass sich vor ihr Jemand in dem Gang befindet, den sie nicht sehen kann. „Halt! Nicht wegrennen,“ ruft sie. Ich drehe mich um. Ich will mich gerade weiter in dem Gebäude umsehen, als ich hinter mir die Stimme der Frau höre. Sie scheint mich aber nicht sehen zu können. Sie schaut nur auf ein kleines Gerät, dass sie in der Hand hält. „Ihre einzige Chance, hier raus zu kommen, bin ich,“ sagt die Frau laut. „Kommen sie zu mir,“ ergänzt sie, und sieht jetzt doch in meine Richtung. Dabei hält sie etwas kleines Längliches in ihrer rechten Hand. Es ist ein zylinderförmiger Gegenstand, nicht viel länger als ein Kugelschreiber, aber etwas dicker. Er sieht aus, wie eine kleine Taschenlampe, hat aber eine andere Funktion. Als ich sie mit dieser Taschenlampe auf mich zielen sehe, bekomme ich Angst. Was will die Frau von mir? Und was ist das für ein Gerät in ihrer Hand? Ahnend, dass sie mich nicht wirklich sehen kann, will ich flüchten. Da ich weiß. Dass ich durch die Tür der vermeintlichen Sanitäranlagen einfach durchgehen konnte, springe ich jetzt auf die nächste Tür in dem Gang zu. Doch bevor ich sie erreiche, spüre ich im Rücken ein starkes kribbeln. „Stopp! Bleiben sie stehen,“ ruft die Frau hinter mir. Ich versuche schnell durch die Tür zu springen, in der Gewohnheit, dass sich Alles in dem Gebäude so verhält, als wäre es gar nicht da, und knalle einfach nur mit dem Kopf vor die Tür. Benommen halte ich meine Nase feste. Die Frau kommt näher. Scheinbar kann sie mich jetzt sehen. Sie sagt: „Nun seien sie doch vernünftig. Wo wollten sie denn hin? Sie haben doch gemerkt, dass sie so Nirgendwo hin können.“ Meine Nase tut ziemlich weh, und ich versuche der Frau zu erklären, wie ich hierhin gekommen bin, obwohl ich das selbst nicht so genau verstehe, und frage sie, ob sie mir erklären kann, was mit mir passiert ist. Und was es eigentlich mit diesen beiden Türmen mit den Aufzügen, die wohl nur über die Stege zu erreichen sind, auf sich hat. Als ich die Türme erwähne, verfinstert sich ihre zuerst wohlwollende gütliche Mine, zu einem strengen, aber auch bedauernden Blick. „Sie sind über die Türme, von Außen in das Gebäude gekommen? Dann tut es mir leid,“ sagt sie, und hält wieder ihre Taschenlampe in meine Richtung. Ich weiß nicht, was sie vorhat, bekomme jetzt aber doch Angst wegen ihrem Tonfall. Sie sagt noch einmal, dass es ihr Leid tue, es aber keine andere Möglichkeit gäbe. Und dass ich nicht Viel spüren würde. Sie drückt den Knopf auf ihrer Taschenlampe, aber es passiert Nichts. Ich beschließe die Flucht zu ergreifen, drehe mich um, und renne weiter in den Gang hinein. „Halt! Bleiben sie stehen,“ ruft die Frau hinter mir her, und zielt wieder mit ihrer Taschenlampe auf mich. Sie drückt wieder den Knopf, und ein schepperndes Geräusch ist zu hören. Vor mir biegt der Gang nach links ab, und in der gegenüberliegenden Wand ist ein tiefer qualmender Krater zu sehen. Scheinbar hat die Frau jetzt mit anderer Munition auf mich geschossen, mich aber dabei verfehlt. Ich bekomme Todesangst, und springe schnell um die Ecke. Während ich weiter in den Gang hinein renne, realisiere ich noch einmal, dass die Frau mich scheinbar umbringen will, und es wohl nur einem technischen Fehler in ihrer Taschenlampe zu verdanken ist, dass ich noch lebe. Die Angst lässt mich schneller laufen, und als die Frau die Gangecke erreicht, bin ich schon ein ganzes Stück weiter. Sie schießt wieder mit ihrer merkwürdigen Taschenlampenwaffe auf mich, verfehlt mich aber auch wieder. Ich renne weiter, und komme in einen spärlicher beleuchteten Gebäudeteil. Hinter mir höre ich die Schritte der Frau. Vor mir führt der Gang auf eine doppelte Flügeltür mit Gasfenstern zu. Hoffentlich ist die Tür offen, denke ich. Ich ziehe an dem Türgriff, und sie lässt sich zum Glück öffnen. Ich renne in den dahinter liegenden Gang. Die Frau schießt anscheinend nicht mehr auf mich, folgt mir aber immer weiter. Sie ruft noch einmal, dass ich stehen bleiben soll, und es keinen Zweck hat wegzulaufen. In dem Gang sind die Wände jetzt nicht mehr kahl, sondern von verschiedenen Apparaturen bedeckt, die mir wieder sehr fremdartig erscheinen. Vielleicht schießt sie ja wegen dieses Inventars nicht mehr auf mich, denke ich, und entdecke einen Seitengang, in den ich schnell herein schlüpfe. Nach einigen Metern führt der Gang in einen Raum mit einem großen Quader in der Mitte. Von diesem Raum zweigen insgesamt vier Gänge ab. Ich nehme den Gang nach links. Ich höre die Frau noch in einiger Entfernung hinter mir herrufen. Sie scheint sich ihrer Sache sehr sicher zu sein, denn sie kommt wohl nur ohne allzu große Eile hinter mir her. Ich renne trotzdem so schnell ich kann den Gang entlang, der irgendwo einen größeren Flur kreuzt, indem sich viele Menschen befinden. Ich weiß, dass ich wieder sichtbar bin. Also versuche ich so ruhig und selbstverständlich wie möglich den Flur zu durchqueren, um in den nächsten Teil des kleineren Ganges zu gelangen. Das gelingt mir auch. Niemand beachtet mich. Von meiner Verfolgerin höre ich nichts mehr. Also gehe ich weiter geradeaus, bis ich wieder an eine kleine Gangkreuzung komme. Ich bin alleine, und wende mich nach rechts. Ein paar Meter weiter sehe ich einen Gang, der ebenfalls rechts abzweigt. Hinter dem Abzweig befindet sich ein offener Türrahmen, ebenfalls in der rechten Wand. Und hinter dem Türrahmen zweigt wieder ein Gang nach rechts ab. Ich schaue in den Türrahmen und sehe, dass er in einen kleinen Raum führt, in dessen Mitte sich scheinbar ein Aufzug befindet. Da ertönt wieder die Stimme der Frau. „Es hat keinen Zweck wegzulaufen. Sie können es nicht ändern,“ ruft sie von nicht mehr allzu weit weg. Ich husche in den Raum, der Türöffnungen zu allen vier Seiten hat, aber nur sehr klein ist. Mit dem Aufzug in der Mitte wirkt der Raum eher wie ein Gang um den Aufzug herum, der von vier Seiten betreten werden kann. Auch der Aufzug hat zu allen vier Seiten eine Tür. Ich mache mir darüber wegen der Eile, die meine Verfolgerin verursacht keine Gedanken, und bin froh vor ihr verschwinden zu können, als ich die Aufzugkabine betrete. Jetzt kann ich zum Glück auch wieder alle Knöpfe bedienen. Ich bin ja wirklich da. Ich überlege worauf ich drücken soll, und entschließe mich in der Eile für den obersten Knopf. Stockwerk 10! Die Aufzugtüren schließen sich und die Aufzugkabine setzt sich in Bewegung. Sie bietet höchstens Platz für vier Personen, zumindest wenn man leicht Platzangst bekommt. Es dauert ganz schön lange bis die Kabine anhält, und sich die Tür vor mir öffnet. Vor mir liegt das Dach des Gebäudes, dass ich ja schon kenne. Ich gehe heraus, und schaue zu den beiden Türmen mit den anderen Aufzügen herüber. Ich weiß nicht, was ich jetzt machen soll. Wieder dort lang, und versuchen den Weg zurück zu finden, der aber mehrere Tage dauert? Ich betrachte die beiden Stege zu den Türmen, und frage mich, warum das eigentlich zwei Aufzüge sind? Ziemlich verunsichert, weil ich ja körperlos hier angekommen bin, frage ich mich, ob es einen Unterschied zwischen den beiden Aufzugtürmen gibt, und wage es nicht mir vorzustellen, was noch Alles sein könnte. Immerhin bin ich wieder Körperlich, auch wenn ich nicht verstehen kann, wie das sein kann. Aber die Frau hat das Körperlose irgendwie mit ihrer merkwürdigen Taschenlampe beendet. Aber als ich sagte, dass ich über die beiden Türme gekommen bin, wollte sie mich plötzlich umbringen. Ich habe ein sehr schales Gefühl, als ich zur Abwechslung mal den rechten Steg betrete, und auf die Aufzugtür zugehe. Ich sehe bewusst nicht runter, weiß aber dass es gefühlt einen Kilometer abwärts geht, unter dem Steg. Obwohl ich weiß, dass das Gebäude so hoch auch wieder nicht sein kann. Man kann es einfach nicht einschätzen. Ich erreiche die Aufzugtür, und drücke auf den Knopf, aber die Tür öffnet sich nicht. Ich drücke noch einmal auf den Knopf. Aber es passiert wieder nichts. Resignation macht sich breit. Was jetzt? Was ist, wenn die Frau mit ihrer Waffe auf das Dach kommt? Ich gehe über den Steg zurück zum Dach, und setze mich irgendwo in einer Ecke hin. Ich will ja auch gar nicht den langen Weg außen herum zurücklaufen. Vielleicht verirre ich mich da noch in irgendeiner, mir unbekannten Welt. Schließlich habe ich den Weg hierher nur gefunden, weil die Türme schon aus großer Entfernung als Glitzern zu sehen waren. Aber andersherum, zu dem Ausgang des seltsamen Kellerganges zu kommen? Wie soll das gehen, frage ich mich. Dann muss ich genau den Weg wiederfinden, den ich gekommen bin. Ich versinke in Resignation, weil ich das für sehr gewagt bis unmöglich halte. Zusammengesunken kauere ich in meiner Ecke auf dem Dach, und weiß nicht, was ich machen soll, dabei die Angst vor der seltsamen Frau im Nacken. Komisch, die ganze Zeit habe ich keine Tiere gesehen. Weder an unserem abbruchreifen Haus, noch bei meiner mehrtägigen Wanderung außen herum. Außen, wie sich das anhört. Was ist das eigentlich für ein Außen? Ich kann es mir nicht erklären. Aber jetzt sehe ich plötzlich überall Vögel, die über dem Dach herumfliegen. Kleine graue Vögel, die mir irgendwie bekannt vor kommen. Ich habe solche Vögel schon einmal gesehen. Aber es war an dem Binnenmeer zwischen meiner neuen, und meiner alten Heimat. Ich erinnere mich noch ganz genau. Ich war dort mit meinem kleinen Motorrad. Mit einem Roller, und es war sehr windig. Die Jahreszeit war die Gleiche, wie jetzt. Um den Sommeranfang herum. Ich hatte gerade eine Rast gemacht, und bog mit dem Roller wieder links auf die Landstraße ein, als ich einen kleinen grauen Vogel, auf der Straße sitzen sah. Es war noch ein sehr junges Tier. Ich wusste nicht, ob es schon fliegen konnte. Als ich auf die gegenüberliegende Spur einbog, kam ein Windstoß, und mein Auspuff machte gefühlt auch noch Wind. Der junge Vogel kugelte über die Straße auf die Gegenfahrbahn, und piepste erboßt. Ich sah ihn erschrocken an, und wollte ihm am Liebsten von der Straße helfen. Aber es kam mir ein Laster entgegen, und ich musste weiterfahren. Es kam wieder ein Windstoß, aber ich konnte nicht mehr sehen, ob der Vogel dem Laster entkommen konnte. Das nahm mich damals ziemlich mit. Als ich einige Tage später, ein Stück weiter, auf der Landstraße unterwegs war, und unter den Bäumen der Alee immer wieder tiefer Schatten den Asphalt unerkennbar machte, sah ich auf einer Hauswand den Schatten eines Vogels. Er hatte den gleichen Umriß, wie der kleine graue Vogel, auf der Straße. Das verstand ich irgendwie als Warnung, und entdeckte in dem Schatten unter den Bäumen, auf der Fahrbahn Etwas, dass ich umfahren musste. Der kleine Vogel hatte mich gewarnt. Und jetzt fliegen genau solche Vögel hier oben über dem Dach herum. Ich wundere mich darüber, und schaue ihnen bei ihren Flugkünsten zu. Es scheint auch wirklich windiger geworden zu sein. Aber eigentlich ist das in so einer Höhe ja auch kein Wunder. Ich höre auf ihr Zwitschern, und versinke dabei in meinen resignierten Gedanken. Das Zwitschern wird zu einem Stimmengemurmel in meinem Gehirn. Wo bist du denn hier, scheinen die Vögel zu sagen. Guck mal auf das Stockwerk, zwitschert ein anderer Vogel. Du musst mal die Reihenfolge beachten, singt ein Anderer. Gemeinsam im Chor zählen sie auf, erst Eins, dann Zwei, dann Drei, Vier und Fünf, aber dann auf einmal Zehn. Das muss dir doch auffallen, dass da etwas nicht stimmt. Ich schaue die Vögel an, verstehe aber, wie immer Garnichts. Irgendwie ist mir das auch egal. Ich beschließe, es nochmal an dem linken Aufzug zu versuchen. Ich muss den gleichen Weg zurück nehmen, denke ich mir. Dann wird Alles wieder gut. Also betrete ich wieder, wie gewohnt, den linken Steg, und gehe auf dessen Aufzugtür zu. Als ich auf den Knopf drücke, öffnet sich auch, wie gewohnt die Tür, und ich kann die Aufzugkabine betreten. Ich drücke auf den Knopf für Unten, und sie setzt sich in Bewegung. Als ich nach der immer wieder ungewöhnlich langen Fahrt unten ankomme, und den Aufzug verlasse, sehe ich vor mir die Landschaft die ich tagelang durchwandert habe, um hierhin zu kommen. Jetzt muss ich den gleichen Weg zurück finden. Ich weiß, dass ich erstmal geradeaus muss, und gehe los.
Was ist los mit dir? Bist du wirklich so ein Weichei, hörte Jonson eine weibliche Stimme. Eine von den beiden jungen Frauen rüttelte feste an seinen Schultern. Die Drei waren wohl ziemlich zäh, und hatten den Unfall mit der Schlammlawine überstanden. Nur Jonson war bewusstlos geworden. Jonson schlug die Augen auf, und sagte, dass er überhaupt kein Weichei sei, sondern schon über die krassesten Berge gelaufen sei. Die Frau lachte, als Jonson das sagte, und befahl ihm, aus dem Auto zu klettern. Das tat Jonson auch. Als er draußen vor den Dreien, auf seinen Beinen stand, wurde er von der Frau begutachtet. Los jetzt, wir müssen hier weg, sagte der Mann…

Vorläufiges Ende der Geschichte. Zum Komentieren bitte klicken: